Zeit: 05. bis 22. Oktober 2014
Yacht: Merenneito (X-442)
Route: La Coruna – Lissabon, 370sm, 4 Tg; Lissabon – Madeira, 530sm, 5 Tg; Madeira – Teneriffa, 300sm, 3 Tg; Gesamt ca. 1.200sm, 15 Tage
Mit kleiner Crew unterwegs
Am ersten Tag gehen wir gemeinsam einkaufen und machen eine intensive Einweisung in das Schiff, dann erst geht es los.
Insgesamt zählen wir drei Köpfe. Wir entscheiden uns für eine einfach besetzte Steuerbord-/Backbordwache im 3/4-Intervall. Als Skipper bin ich nicht in der Wache eingeteilt. Die ersten Tage und Nächte begleite ich die Crew in den Wachen und navigiere. Bei den Wachwechseln helfe ich bei Manövern und beim Kochen. Ich schlafe (wenn man das so nennen kann) unregelmäßig, in Ölzeug, mit Gummistiefeln sowie angelegter Rettungsweste damit ich jeder Zeit unterstützen kann.
Das Team funktioniert super! Alle bringen sich mit vollem Engagement ein und wir kommen sicher und gut voran. Die zweiköpfige Crew bringt schon reichlich Erfahrung mit und kann schnell selbstständig Wache gehen. Danke! So kann ich auch mal das Ölzeug ablegen.
Schade, das man so wenig Zeit miteinander hat, aber das holen wir in den Etappenhäfen nach!
Wetter
Wir starten mit Wind gegenan. Am Cabo Finistere zunächst nicht allzu ungewöhnlich, wenn es auch schon mal in die andere Richtung wehen kann. In der zweiten Hälfte des Törns bestimmt ein riesiges Tiefdruckgebiet über dem Atlantik den weiteren Verlauf unserer Reise.
Das Tief drückt alles weit nach Süden. Wir bekommen im zweiten Quadranten starken Wind aus SW mit mehreren Fronten und Sturmwarnungen.
Das betraf uns zwar nicht mehr, aber zur Info: Zu guter Letzt, das „Monster-„Tief ist gerade durch, kommt von Westen ein Hurrikan in zwei Tagen über den Atlantik gerast.
Route
Nach dem Etappenziel Cascais entscheiden wir uns für eine südlichere Route über Marokko und verzichten auf Madeira. Die Entscheidung ist wohl richtig: Der Wind weht die nächsten Tage von Madeira zu uns rüber und schickt einige Fronten gen Osten mit zum Teil 10Bft.
Wir laufen vor den Fronten bei gut 45kn mit halbem Wind ab gen Süden. Auch später haben wir perfekte Winde aber auch mal eine Flaute auf dem Weg zu den Kanaren.
Marokko
Unvorbereitet, ohne marrokanisches Geld, laufen wir Mohammedia an um Einzuklarieren. Die fünfzehn Anmeldeversuche per Funk trage ich ins Logbuch ein. Wir setzen „Q“ und laufen ein. Der Hafen hat flache Stellen bei Niedrigwasser, wir finden aber noch einen Stegplatz und loten genug Wasser unterm Kiel für die kommenden LW.
Insgesamt 6 Beamte kommen an Bord. Das Einklarieren selbst ist nach einer Stunde zügig erledigt. Ein Polizist bleibt etwas länger sitzen und möchte mir eine Penalty aufdrücken, weil ich mich angeblich nicht per Funk gemeldet habe. Ich zeige ihm das Logbuch. Jetzt fragt er ganz offensiv nach Präsenten. Ich verstehe! Wir verlieren so den größten Teil unserer Schokolade und der ohnehin bescheidenen Biervorräte, aber immerhin kein Geld: Korrupte Beamte trinken auch Alkohol.
Wir bunkern bei HW etwas Diesel und segeln weiter nach Safi. Ein neues Crewmitglied kommt nach Casablanca und soll in Safi an Bord. In Safi stellen wir gleich diverse Radler bereit. Das Einklarieren läuft einwandfrei, selbst der in vielen Foren als korrupt beschriebene Hafenkapitän verlangt nichts. Am Abend kommts dann doch noch : Schichtwechsel im Hafenamt. Der korrupte Hafenkapitän weist mich „freundlicherweise“ auf die fehlende Gastlandflagge und die drohende Strafe hin, sollte ein „Offizieller“ das sehen. Ich nehme seine „angebotene“ Hilfe an und kaufe ihm für 10 € eine völlig verblichene und zerfetzte Flagge ab, die er gerade erst irgendwo abgeschnitten hat. Bevor ich sie anbringen kann, muss ich noch ein neues Bänzel in das brüchige Tuch einziehen, damit ich sie überhaupt anbinden kann.
In den marrokanischen Häfen haben wir mehr als doppelt soviel Geld gelassen, wie in einer gepflegten voll ausgestatteten Marina, wie z.B. Cascais. Dafür hatten wir Abenteuer und Urlaubsfeeling pur.
Weiter
Mit der erweiterten Crew wechseln wir gleich in ein Wachsystem mit drei einfach besetzten Wachen: Steuer-, Standby- und Freiwache. Das tut gut!
Auf dem Weg zu den Kanaren haben wir noch an der marokkanischen Küste eine Flaute. In der Nacht kommt wieder Wind und wir wechseln die Segel. Dabei haben wir Besuch von mehreren Haien, die wohl vom Deckstrahler angelockt wurden.
Insgesamt für alle ein spannender Törn mit vielen Seemeilen an echter Erfahrung und einer kleinen aber super-klasse Crew.
Hilmar
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